15.07.2013

Unterwegs über den Skye Trail

15.07.2013

Unterwegs über den Skye Trail

Skye Trail 2013

 

April, April, der macht, was er will … Aber doch nicht der Mai! Der gilt auch in Schottland als Wonnemonat – mit stabilen Schönwetterlagen und sommerlichen Temperaturen. Das habe ich dort selbst schon erlebt und bin vor vielen Jahren in T-Shirt und kurzen Hosen durch die Letterewe Wilderness gestiefelt. Als ich nun vor einigen Wochen zur Isle of Skye aufbrach, um dort den Skye Trail zu laufen, hoffte ich natürlich nicht nur auf dramatisch fotogenes Lichterspiel, sondern auch auf schöne Frühlingsbedingungen.

 

Skye Trail 2013

Naja, der Mai entpuppte sich dieses Mal jedoch nicht als “normaler” Mai, sondern eher als eine Verlängerung des April. Aber was ist im Norden schon normal? Bereits während der Busfahrt vom Glasgower Flughafen nach Portree sah ich hinter den Scheiben das ganze Übel vorüberziehen. Allerorts rauschten prall gefüllte Bäche und Flüsse wild schäumend die Berge herunter, das Wasser der Seen trat über die Ufer, es regnete Bindfäden und im Glen Shiel schließlich schneite es auch noch. Mit mulmigen Gefühlen kam ich auf der Inneren Hebriden Insel an – ich befürchtete eine mir bevorstehende Wasserschlacht. Genährt wurde die Vorstellung zudem von anderen Wanderern, die ich in Portree traf und die ihr Vorhaben, ebenfalls den Skye Trail komplett zu laufen, bereits abgebrochen hatten und sich fortan auf einige Häppchen des Weges beschränkten, um zwischendurch immer mal wieder in wohlig warmen Hostels durchtrocknen zu können. Darüber hinaus begleitete eine steife Brise den steten Regen, die das Nass klatschend über Skye trieb.

Skye Trail 2013

Gut, ich kaufte mir erstmal Gas-Kartuschen und eine wetterfeste Karte des Weges, bevor ich in Broadford loslief, so, als könne mich nichts erschüttern. Nun ja, Erschütterungen gab es in der folgenden Zeit dann aber noch einige – in Form immer wiederkehrender Regengüsse, stürmischen Windes und schmatzend feuchten Bodens. Doch ich sollte auch Glück im Unglück haben. Ich kam durch, konnte alle Flüsse problemlos queren, behielt trockene Füße, zeltete an einigen wunderschönen Flecken, die ich zwischen all der Matsche fand, und lief von Süd nach Nord den ganzen Weg. An den Ruinen von Boreraig und Suishnish vorbei, durch Torrin und Elgol. Am Wasser entlang und auf schmalen Pfaden hoch über steilen Klippen. Ich erklomm den Gipfel des Sgurr na Stri und später auch noch des Ben Tianavaig. Von den Cuillins sah ich jede Felsenspitze und hatte eine Nacht lang meine Ruhe am vielbesuchten Ausflugsziel, dem Loch Coruisk. Sligachan lag am Weg und The Braes. Ein auf und ab über Berge, dann der Old Man Of Storr und sein Nachbar, der Needle Rock. Dort wartete ich ab. Aber anstelle guten Wetters, das für das folgende Stück jetzt wirklich nötig gewesen wäre, kamen Graupelschauern und wieder Schnee. Dazu tiefhängende, düstere Wolken und ein Sturm, der mich von der Trotternish Ridge hinaus aufs offene Meer geschleudert hätte. Der Bergkamm blieb mir daher als einziges verwehrt und ich folgte stattdessen der Straße bis Staffin. Das war allerdings nicht weiter schlimm – zum Ende der Tour entschädigte Quiraing und schließlich The Lookout, hoch über Hunish und der Nordspitze der Isle of Skye.

Skye Trail 2013

Skye Trail 2013

Ich war angekommen dort oben. Verdreckt und oft patschnass. Aber was soll’s? Ab und an hatten auf meiner Wanderung dann doch ein paar Sonnenstrahlen für Momente den Weg zu mir gefunden, mich immer wieder aufgemuntert und so bot sich fast das, was ich mir zuvor erträumt hatte: „Düstere Wolkenformationen, die dramatisch über den Bergen thronen und nur einen Spaltbreit der Sonne Raum lassen, die Schwärze zu durchbrechen, aufzublitzen und die Szenerie ganz punktuell golden zu erleuchten.“

Skye Trail 2013

 

Skye Trail 2013

 

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Über Martin Hülle:

Martin Hülle (*1973) zieht es seit mehr als zwei Jahrzehnten vor allem in die rauen und abgeschiedenen Landschaften Nordeuropas. Die Fotografie und das Schreiben sind für ihn eine Lebensart – eine Möglichkeit, Gefühle einzufangen, auszudrücken und mit anderen zu teilen. Kamera und Notizblock sind dabei ständige Begleiter auf der Suche nach spannenden Geschichten.

 

 

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