09.01.2014

HANDY-FOTOGRAFIE

09.01.2014

HANDY-FOTOGRAFIE

Bevor ich begann, Handy-Fotos zu machen, benutzte ich manchmal eine Nikon D90 DSLR-Kamera, um meine Kinder zu fotografieren. Dabei war der kleine Regler immer auf „Grün“ geschaltet. Eine andere Art zu sagen, dass ich kein professioneller Fotograf bin. Dann begann mein Bruder, mich mit Instagram-Fotos zu bombardieren und mich zu nerven, mitzumachen, was ich dann schließlich tat. Ich begann, die Kamerafunktion in Instagram zu benutzen, um – ganz klar – Fotos von meinem Essen zu machen. Natürlich hörte ich nach einigen Tagen auf, sie zu benutzen, da sie mich tödlich langweilte.

Ich blieb von der Funktion komplett gelangweilt bis 2011, als ich im Stadtzentrum jemanden sah, der mit Kreide auf dem Asphalt ein wunderbares Frida Kahlo-Porträt gezeichnet hatte. Ich nahm mein iPhone, klickte, lud es hoch und fügte den Hashtag #frida hinzu. Damals begann der erste Teil einer Sucht mich zu packen, ja die ego-aufbauenden Likes. Ich begann, von völlig Fremden Kommentare und noch mehr Likes auf meinem kleinen iPhone-Bildschirm zu bekommen, was mich total faszinierte.

Die Interaktion mit anderen Menschen ließ mich ihre Feeds anzusehen, wo ich interessante Hashtags und vor allem beeindruckende Fotografien fand. Das wiederum brachte mich zu der Frage: Wie schaffen diese Menschen das mit einem SmartPhone? Ich hatte Blut geleckt und wollte mehr. Mehr Likes, mehr Followers und bessere Fotos.

Ich entdeckte zwei Feeds, auf die ich sofort aufmerksam wurde, weil die Aufnahmen so präzise waren und einen so minimalistischen Ansatz hatten: @cimek und @catherinesomething. Damals erstellten sie minimalistische Pastelle und ich wusste, dass auch ich die ruhigen, aufgelockerten und simpel aussehenden Fotos erzielen wollte, mit der Kamera, die immer in meiner Tasche bereit ist, die nicht mehr nur ein Handy war.


Handy-Fotografie ermöglicht eine nahezu sofortige Reaktion auf das, was Sie in Ihrer Umgebung sehen. Sie bietet die Möglichkeit, innerhalb von 10 Sekunden ein Foto von dem, was Sie sehen, zu machen, ohne eine sperrige Kamera herauszuziehen, bei welcher der Blendenwert, die Blendenöffnung, die Verschlusszeiten und ISO-Einstellungen angepasst werden müssen. (Die meisten dieser Begriffe

kenne ich noch immer nicht!). Handy-Fotografie ermöglicht es den Bildern des täglichen Lebens in wenigen Augenblicken auf die Bildschirme Millionen anderer Menschen zu gelangen. Sie ist eine virtuelle Verständigungssprache, die kaum Erklärungen erfordert.

In meinem Fall begann sie fast als Videospiel, als ich versuchte, mehr Likes und Aufmerksamkeit zu erlangen, wie ein 15-Jähriger, der das erste Mal tanzen geht und die anderen Mädchen anschaut. Bald entwickelte ich eine tiefere Wertschätzung für das, was Menschen erreichen können, wie die magischen @jasonmpeterson und @brahmino, deren iPhone-Bilder einfach nicht von dieser Welt sind. Es entwickelten sich Freundschaften aus den Kommentaren und Interaktionen rund um die Liebe zur Qualität der Fotografie, der Schönheit, die wir durch die Linse sehen und über eine App teilen, die talentierten Menschen hunderte tägliche Fenster eröffnet hat.

Wunderschöne, gedruckte Fotobücher findet man in jedem Buchladen, ausgezeichnete Aufnahmen in jedem National Geographic-Magazin, aber das ist eine passive Erfahrung, wie Fernsehen. Handy-Fotografie dagegen ist eine aktive Erfahrung, die sofortiges Feedback vom Künstler selbst zulässt, als würde man mit Picasso über seine Gefühle nach dem Zeichnen seiner Guernica reden. Sie eröffnet eine beidseitige Straße für ungeschliffenes, starkes und sensibles Talent, das Sie anspricht. Sie ermöglicht Zusammenarbeit, das Teilen von Bildern, die Emotionen vermitteln können, Leidenschaft auf jeder Seite des Bildschirms sowie Schönheit in der Schnelle des Augenblicks. Und sie ermöglicht die Entwicklung von Freundschaften, weit über die Anzahl der Likes und Followers hinaus.

Darum bin ich mit so viel Leidenschaft bei diesem Medium dabei. Und darum bin ich ein neuer Fan der Handy-Fotografie als Kunstform.

Hans Kritzler

„Weniger ist mehr“ dominiert Hans Kritzler’s minimalistische Aufnahmen (@ macroe in Instagram). Geboren und erhoben in Mexiko-City aber zurzeit in München wohnend, dieser Business Manager bei Tag und Foto Fanatiker bei Nacht ist von mehr als 450.000 Menschen gefolgt. Schießt 100% seine Fotos auf dem iPhone.

Instagram: www.instagram.com/macroe
EyeEm: www.eyeem.com/macroe
Website: www.movildfoto.com
Blog: www.macroe.me

Top
Our Brands